Normalerweise würde es eine regionale Pressemeldung über einen Vortrag zu Ortsnamen nicht in unsere Presseschau schaffen, aber dieses Zitat ist dann doch zu schön um es zu ignorieren:
Wie verquer Sprache und Begriffe manchmal verwendet, interpretiert und umgedeutet werden, wird Günter Schüttler an markanten Beispielen erläutern und, da es auch um Flurnamen geht, eine fotografische Rundum-Projektion mitbringen. So können die Zuhörer vom „Hainrich“ übers Reinheimer Becken blicken, Plätze und ihre Bezeichnungen zuordnen. Dabei will Schüttler nicht als Sprachwissenschaftler auftreten, sondern verständlich und nachvollziehbar in die Welt der Namen und Bezeichnungen eintauchen und darlegen, woher sie kommen, wie Menschen sie verwenden und welchem Wandel sie durch die Geschichte hindurch unterworfen waren.
Wir hoffen, dass es uns hier im Bremer Sprachblog auch weiterhin gelingen wird, als Sprachwissenschaftler und verständlich und nachvollziehbar aufzutreten…
Auf das Parkett des nationalen Medieninteresses hat es wieder einmal ein Bremer Sprachwissenschaftler geschafft, diesmal in Malta: gleich beide großen maltesichen Tageszeitungen, die Times of Malta und der Malta Independent haben über die Initiative unseres Thomas Stolz berichtet, ein internationales Institut zur Erforschung des Maltesischen einzurichten. Über die Initiative hat Andreas ja am Donnerstag schon berichtet und wer mehr wissen will, sollte sich das Interview im Independent durchlesen. Ich will hier nur kurz auf ein stolzsches Zitat aus der Times of Malta eingehen:
„Obwohl viele Malteser abwechselnd Englisch und Maltesisch sprechen, gibt es einen großen Teil, der nur Maltesisch spricht. Auch ist mir aufgefallen, dass einige Menschen, die mit ihren Kindern Englisch sprechen, ins Maltesische wechseln, wenn die Diskussion hitziger wird und ihre Kinder nicht auf sie hören wollen. Interessanterweise hören die Kinder auf sie, wenn sie Maltesisch sprechen“, beobachtete er.
Eine interessante Frage: Gilt das auch in Deutschland? Gehorcht uns unsere Jugend deshalb nicht mehr, weil wir unsere Sprache mit zuvielen „Anglizismen“ angereichert haben? Würden sie wieder auf uns hören, wenn wir reinstes Althochdeutsch mit ihnen sprechen würden?
Und von der nationalen Presse zurück zur regionalen. Der Diamondback, die Studentenzeitschrift der University of Maryland, berichtet von Dreharbeiten für den Film National Treasure II: Book of Secrets mit Nicholas Cage, speziell über eine Szene, die auf dem Campus der UM gedreht wurde:
Die Statisten, die von etwa fünf Uhr morgens bis acht Uhr abends da waren, wurden angewiesen, herumzulungern, Football zu spielen oder zu skateboarden um einen lebendigen Hintergrund darzustellen. Die [gedrehte] Szene handelt von einem Gespräch zwischen den Hauptfiguren nachdem sie einen Linguistikprofessor an der Universität aufgesucht haben.
Das ist sehr begrüßenswert! Nicht das Herumlungern im Hintergrund, natürlich, sondern die Tatsache, dass in dem Film ein Linguistikprofessor vorkommt. Wenn es nach mir ginge, sollte in allen Filmen mindestens ein Linguistikprofessor vorkommen — oder wenigstens in allen Nicholas-Cage-Filmen. Wer einen Filmproduzenten in Hollywood kennt, lasse ihn bitte wissen, dass man mich über das Bremer Sprachblog buchen kann (mein Wunsch, Wirtschaftsminister zu werden, hat sich nämlich bislang nicht erfüllt).
das Bremer Sprachblog
Das Blog?!? Warum kriegen alle englischen Fremdwörter in Deutschland und Österreich verschiedene Geschlechter? In Ö: der Blog. Und das Cola und das E‑Mail.
~:-|
Als guter Deutscher habe ich mich bei der Wahl des Artikels natürlich an den Duden gehalten, der sieht das Neutrum als Normalfall („erlaubt“ aber auch Maskulinum):
Damit bildet der Duden ziemlich genau die tatsächliche Verwendung ab: wenn man den Google-Häufigkeiten traut, ist das Verhältnis auf .de-Seiten ungefähr 3:2 („das Blog“: 940.000, „der Blog“: 619.000). In Österreich sieht es tatsächlich anders aus, das Maskulinum gewinnt auf .at-Seiten mit 5:4 („das Blog“: 16.300, „der Blog“: 20.000). Noch extremer ist es in der Schweiz, wo das Maskulinum das Neutrum mit mehr als 2:1 besiegt („das Blog“: 22.200, „der Blog“: 48.600).
Es gibt also in allen drei Ländern Variation, mit unterschiedlich starken Präferenzen in die eine oder andere Richtung.
Warum das so ist — da bin ich überfragt. Bei der Festlegung des Genus für Fremdwörter spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, z.B. die Bedeutung (welchen Genus haben bedeutungsähnliche Wörter im Deutschen) und der Klang (welchen Genus haben lautlich ähnliche Wörter im Deutschen). Ein Blog ist ja ein „Netztagebuch“ oder „Netzlogbuch“ — beides Neutra. Andererseits klingt es wie „Block“ (und eine gewisse Bedeutungsähnlichkeit mit dem „Schreibblock“ ist vielleicht zusätzlich vorhanden) — ein Maskulinum.
Die Faktoren Bedeutung und Klang widersprechen sich hier also und die Sprecher müssen sich relativ beliebig entscheiden und da hat sich in Österreich und der Schweiz eine Mehrheit für das lautliche Kriterium entschieden, in Deutschland eine Mehreit für das bedeutungsbezogene. Ob das eine allgemeine Tendenz ist, müsste man untersuchen (falls es noch niemand getan hat).
Da es “das Log” heißt (oder sagt jemand “der Log”), muß es doch auch “das Blog” heißen. Finde ich jedenfalls.
Aha. Bin ich also in meine eigene Falle getappt und habe zuviel verallgemeinert. Vielen Dank!
Das hätte ich natürlich viel, viel früher schreiben sollen…
Äh… nein, tut es nicht. Das Original, [bl̪ɒg]~[b̥l̪ɒˑg], deutsche ich bis zu [b̥l̻ɔːg̊] ein, aber das klingt noch immer nicht wie [b̥l̻ɔkˑ].
Sind Bund und bunt für Sie Homophone? Oder deutsch Tag und russisch так (“so”)? Für mich nicht.
Für die Frage zum Gehorchen nach Sprachwechsel habe ich eine zumindest mir einleuchtende Theorie: Es stellt die Ernsthaftigkeit der elterlichen Forderungen heraus, ist also quasi als zweite Stufe im Unbedingtheitsmodus. Da dies allgemein so verwendet wird, genau wie z.B. auch gewisse Floskeln a la “Pass auf, jetzt …” oder “…, sonst setzt’s was!” verwendet werden, ist dies auch für die Kinder ein Signal, dass in diesem Punkt aller Wahrscheinlichkeit nicht nachgegeben werden wird. Im Gegensatz zu diesen Signalphrasen würde ich es allerdings noch auf eine Zwischenstufe vor dem Schimpfen oder absolut(istisch)en Elterlichkeiten sehen.