April, April

Von Anatol Stefanowitsch

Das Prob­lem mit Aprilscherzen ist ja, dass wir alle auf sie vor­bere­it­et sind und vor­sicht­shal­ber erst ein­mal gar nichts glauben, was man uns am 1. April weis­machen will. Wir präsen­tieren deshalb vier ver­meintliche sprach­wis­senschaftliche Aprilscherze, von denen aber drei tat­säch­lich wahr sind. Find­en Sie den echt­en Aprilscherz? Halt, halt! Ich meine natür­lich, find­en Sie den echt­en Aprilscherz ohne zu googeln?

  1. Die Mapuche-Indi­an­er, die in Chile zuhause sind, haben Microsoft verk­lagt. Microsoft hat­te sein Betrieb­ssys­tem Win­dows XP in die Sprache des Indian­der­stammes, Mapudun­gun, über­set­zt und das Sprach­paket zum Herun­ter­laden bere­it­gestellt. Der Stamm der Mapuche sieht dadurch sein geistiges Eigen­tum ver­let­zt. „Mapudun­gun ist Teil unseres Kul­turerbes, und nur wir soll­ten entschei­den, ob unsere Sprache im Inter­net auf­taucht“, sagt ein Sprech­er des Stammes.
  2. Der amerikanis­che Sprach­wis­senschaftler und Gesellschaft­skri­tik­er Noam Chom­sky behauptet, dass Kinder ihre Mut­ter­sprache nicht ler­nen müssen. Sie sind bei der Geburt bere­its mit ein­er „Uni­ver­sal­gram­matik“ aus­ges­tat­tet, die die gram­ma­tis­chen Reglen aller men­schlichen Sprachen enthält. Die Kinder müssen also nur ger­ade soviel sprach­lichen Input bekom­men, um festzustellen, welche Regeln der Uni­ver­sal­gram­matik für ihre Sprache gelten.
  3. Die Bhuti­ja, ein Bergvolk in Tibet, sprechen die logis­chste Sprache der Welt. Wie Forsch­er vom Leipziger Max-Planck-Insti­tut her­aus­ge­fun­den haben, entspricht die Gram­matik des Sikkime­sis­chen fast voll­ständig ein­er Prädikaten­logik erster Ord­nung. Auch die Dop­peldeutigkeit­en, die sich im Vok­ab­u­lar der meis­ten Sprachen find­en, fehlen in der Sprache der Bhuti­ja. Diese Eigen­schaften machen das Sikkime­sis­che zu ein­er inter­es­san­ten Sprache für Anwen­dun­gen in der Computerlinguistik.
  4. Der bel­gis­che Sprach­wis­senschaftler Johannes Goropius Becanus hat her­aus­ge­fun­den, dass das Flämis­che (das bel­gis­che Nieder­ländisch) die älteste Sprache der Welt ist. Er argu­men­tiert, dass das Ein­fache immer älter sei als das Kom­plexe und dass deshalb kurze Wörter älter sein müssen als lange Wörter. Da das Flämis­che mehr kurze Wörter hat als das Hebräis­che, Lateinis­che oder Griechis­che, stellt es offen­sichtlich die älteste Sprache dar, von der alle anderen Sprachen abstammen.
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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

8 Gedanken zu „April, April

  1. Connie Müller-Gödeck

    also, Becanus hat sog­ar lt. Wikipedia pos­tuliert, daß man im Paradies Bra­ban­tisch gesprochen habe (hat wohl zuviel Adam & Eva — Bilder gesehen?)

    der kann es nicht gewe­sen sein!

    Dann also weit­er mit Rätseln!

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  2. Anatol Stefanowitsch

    Lau­ra, einen 50/50-Jok­er gibt es nicht, aber Sie dür­fen zu Hause anrufen.

    Ein völ­lig anderes The­ma: ich sehe ger­ade, dass der Web­serv­er der Uni Bre­men noch nicht auf Som­merzeit eingestellt ist, so dass wir hier alle wie ein Haufen Frühauf­ste­her wirken. Das ist aber kein Aprilscherz son­dern hängt ver­mut­lich mit dem chro­nis­chen Per­sonal­man­gel deutsch­er Uni­ver­sitäten zusammen.

    Nach­trag: So, das war doch ein unfrei­williger Aprilschertz, es lag an mein­er Unken­nt­nis der Fein­heit­en von Word­Press. Alle weit­eren Kom­mentare soll­ten mit der richti­gen Uhrzeit erscheinen.

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  3. Sandra

    Der eigentliche Aprilscherz ist ja, dass Chom­skys The­o­rie zwis­chen den anderen Aus­sagen nicht weit­er auffällt…

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  4. Anatol Stefanowitsch

    Ich glaube, San­dra wollte sagen, dass die Geschichte mit Chom­sky kein Aprilscherz ist, aber eben klingt wie ein­er. Damit hat sie Recht.

    Die Auflö­sung fol­gt heute Nach­mit­tag (wir haben Dien­stags immer viel Pub­likumsverkehr und ich möchte die Span­nung noch ein wenig aufrechterhalten…).

    Update: die Auflö­sung find­et sich jet­zt hier.

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