Hurra, hurra, das Spektrogramm ist wieder da! Heute gibt’s Spracherkennungssoftware, eine Stoppuhr, ein paar Übersetzungprobleme und einen tragischen Fall quasi kollektiven moralischen Versagens in der Linguistik.
- Googles automatische Spracherkennung ist auf männliche Stimmen hin optimiert, stellt Rachael Tatman auf MAKING NOISE & HEARING THINGS fest, und das ist schlecht: »This is a real problem with real impacts on people’s lives. Sure, a few incorrect Youtube captions aren’t a matter of life and death. But some of these applications have a lot higher stakes. Take the medical dictation software study. The fact that men enjoy better performance than women with these technologies means that it’s harder for women to do their jobs. Even if it only takes a second to correct an error, those seconds add up over the days and weeks to a major time sink, time your male colleagues aren’t wasting messing with technology. And that’s not even touching on the safety implications of voice recognition in cars.« Wie das passiert, erklärt der Artikel wunderbar.
- Ein kleines Tool zur Messung von Rededauer gibts auf der Single-Purpose-Seite arementalkingtoomuch.com. Leider fehlt die Möglichkeit, anzugeben, wie viele Männer und Frauen überhaupt am Gespräch teilnehmen, um den Wert relativ berechnen zu können, aber in manchen Kontexten vielleicht doch brauchbar.
- In der SÜDDEUTSCHEN hat sich Jörg Häntzschel (schon vor ein paar Wochen) überlegt, welche Probleme sich bei der Übersetzung von (police) shooting und to shoot ergeben und man kann ihm ein wenig beim Nachdenken zusehen: »Nicht einmal für das transitive Verb to shoot gibt es ein Äquivalent. Im Englischen bleibt erst mal offen, was genau die Kugel angerichtet hat. Sie hat das Opfer getroffen, Blut fließt — das zählt. Im Deutschen hingegen muss man, um den Vorgang überhaupt beschreiben zu können, noch bevor der Pulverdampf verzogen ist, klären, ob das Opfer erschossen oder “nur” angeschossen wurde.« Manche seiner Übersetzungsprobleme sind sicher keine so großen — die deutschen Wörter können ihre Bedeutung ja verändern, um auch die englische Bedeutung mitzuerfassen, eben dadurch, dass sie in neuen Kontexten genutzt werden, aber das leichte Unbehagen, das dem vorausgeht, wird hier ganz gut erfasst. (Via @check_live)
- Rory Carroll schreibt im GUARDIAN über Genie, ein Mädchen, das 1970 im Alter von 13 Jahren das erste Mal in Kontakt mit der Außenwelt und mit Sprache kam. Der Artikel streift die sprachwissenschaftlichen Aspekte nur, ist aber dennoch (oder erst recht) lesenswert: »Over time, Genie slipped from headlines – Vietnam was burning, the Beatles were in the midst of breaking up – but she retained the attention of scientists, especially linguists. She was a prize specimen for having grown up without language or social training. Could she now learn language?«
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zu Jörg Hentzschels Artikel: das ein “Shooting” (jemand oder eine Gruppe schießt auf mehrere andere Menschen) nicht dasselbe ist wie eine “Schießerei” (mehrere Menschen schießen aufeinander), ist für die Übersetzung natürlich blöd. Aber wieso ist ein “Schütze” nur jemand, der in einem Trachtenverein eine Armbrust trägt? Das ist ja wohl übertrieben. Ist auf einem “Schützenpanzer” ein mittelalterliches Katapult montiert? Genausogut könnte er sich Sorgen machen, seine Leserschaft dächte an das Tierkreiszeichen.
Und wenn im Englischen nicht differenziert wird zwischen “er-” und “anschießen”, ist das eigentlich eher ein Manko des Englischen. Mich als Hörer/Leser würde es schon interessieren, ob ein Mensch lebt oder stirbt.
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Hier ist es durch Moderation und mangels Material ja selten geworden, aber in den Kommentaren zu diesem Scilogs-Artikel kann man gerade wunderbar beobachten, was passiert, wenn der VDS zum Shitstorm aufruft. Leider scheinen die Namen über den Kommentaren mal wieder das Klischee der wütenden (alten) weißen Männer zu bestätigen und ich würde gerne mal einen Vergleich der demographischen Mitlgiederstruktur von bspw. Pegida, AfD, CSU und VDS sehen.
Hm…such möglichkeit zum folgen auf worldpress…